Es ist Fluch und Segen zugleich, dass Basic Instinct immer wieder auf die paar Sekunden innerhalb einer Verhörszene reduziert wird. Leider werden nämlich der grandiose verbale Schlagabtausch und die an dieser Stelle des Filmes perfekt sitzenden Dialoge gerne unterschlagen, weil alle nur lüstern über jenen Moment gniggern, in dem Catherine Tramell (Sharon Stone) ihre Beine übereinanderschlägt – und zeigt, dass sie keine Unterwäsche trägt. Die Entstehung dieses damals skandalösen Shots wird bis heute kritisch diskutiert – und ist einer der stärksten Parts der Dokumentation Basic Instinct: Sex, Death & Stone von Jacinto Carvalho, die im Bonus-Material dieser restaurierten Version zu finden ist. Auch in ihrer gerade veröffentlichten Autobiografie "The Beauty of Living Twice" erzählt Sharon Stone noch einmal, wie Paul Verhoeven sie austrickste, Stone aber am Schluss die Szene freigab, weil auch sie die grenzüberschreitende Kraft erkannte (den Part kann man hier bei Vanity Fair auf Englisch lesen).
Die komplette Verhörszene ist in ihrer Gänze jedoch weit mehr als diese paar Sekunden: Sie zeigt die komplexe verbale Brillanz der Catherine Tramell, die hier mit lasziver Coolness einem Haufen geifernder Männer die Show stiehlt und diese in ihrem Testosteron und ihrem Chauvinismus köcheln lässt, während Tramell in jeder Sekunde im Angesicht eines Mordverdachts die totale Kontrolle hat. Und dabei ganz genüsslich eine Zigarette raucht.
Basic Instinct war in seinem Erscheinungsjahr 1992 nicht weniger als ein Weltereignis. Der Film war Kassenschlager, Kultfilm, Hitchcock-Verneigung, Softporno, Eispickel-Splatter, Männerfantasie mit feministischer Gegenwehr von außen und innen – und laut BILD-Zeitung '"der schweinischste Film des Jahres". Die Geschichte der freigeistigen Bestsellerautorin und Millionenerbin Catherine Tramell, die des Mordes an einem Rockstar verdächtigt wird, und dem hitzköpfigen Detective Nick Curran (Michael Douglas) wird von Paul Verhoeven mit großer Freude am Skandal erzählt.
Sharon Stone als Catherine Tramell © Studiocanal GmbH
Der strahlende Mittelpunkt ist und bleibt dabei Sharon Stone. Sie sagte kürzlich über ihre Rolle: "Auch ich wurde von Catherine Tramell verführt. Vor allem, weil sie absolut keine Grenzen kennt. Catherine ist so roh und bereit alles zu tun, um Nick in ihr Netz zu zerren. Sie verführt ihn mit ihrer Intelligenz. Mit ihrer Sexualität. Und wenn sie sieht, dass es funktioniert, bereitet ihr das das größte Vergnügen." Allerdings stellt Sharon Stone auch klar, dass man falsch liegt, wenn man in Catherine bloß eine Femme Fatale oder gar eine Nymphomanin sieht: "Sie ist eine Soziopathin. Sex ist für sie nur ein Werkzeug."
Mitte Juni erscheint nun endlich die restaurierte Version des Films – unter anderem in einem limitierten Steelbock mit einem Artwork der von uns sehr geschätzten Flore Maquin (von der es hier ein Interview bei uns gibt). Drücken wir die Daumen, dass die Pandemie es bis dahin erlaubt, dass vielleicht sogar eine Kinovorführung möglich sein wird.
Limited Steelbook Edition © Studiocanal GmbH
DK