TARDIS, Daleks, Time Lord, Thals – man muss wahrlich hinter dem Mond leben, wenn man diese Worte nicht schon mal irgendwo aufgeschnappt hat. Die in den frühen 60er-gestartete Science-Fiction-Serie der BBC Dr. Who ist ein Meilenstein der TV-Geschichte und lebendig wie eh und je. Im Mittelpunkt steht bekanntlich The Doctor, ein extraterrestrischer, jahrtausendealter Time Lord vom Planeten Gallifrey, der mit Hilfe seiner Zeitmaschine TARDIS Zeit und Raum bereist. Praktischerweise regenerieren sich die Doktoren alle Jubeljahre und können eine neue Gestalt annehmen. So lässt sich gut erklären, warum der erste TV-Doktor wie William Hartnell aussah (1963 bis 1966) und die aktuelle Doktorin wie Jodie Whittaker (seit 2018), die erste Frau, die Dr. Who spielen durfte. In naher Zukunft wird der famose Ncuti Gatwa, bekannt als Eric aus Sex Education, den Dr. Who spielen. Ich muss zugeben, dass meine erste Begegnung mit Dr. Who und den knarzenden "Stimmen" der Daleks über die Popmusik erfolgte. Das Künstler-Duo The KLF hatte 1988 das grandiose Buch "The Manual (How to Have a Number One the Easy Way)" geschrieben und in Form einer Anleitung erklärt, wie man einen Nummer 1 in England landet. Ihre Idee: Man kreuzt einen Gary-Glitter-Song mit der Titelmelodie von Dr. Who und singt ein wenig Quatsch aus dem Dr. Who Universum drum rum. So entstand "Doctorin‘ The Tardis" von The Timelords aka The KLF. Eine wundervolle Volte der Popkultur, die Dr. Who sicher gefallen hätte.
Für das Leinwanddebüt des Doktors im Jahr 1965, Dr. Who und die Daleks, wurde Peter Cushing verpflichtet, der diese Rolle noch einen weiteren Film lang spielen sollte. Im Film hat der Doktor gerade seine Zeitmaschine TARDIS erfunden und wohnt mit seinen Enkelinnen Susan (Roberta Tovey) und Barbara (Jennie Linden) zusammen. Als Barbaras neuer Freund Ian (Roy Castle) vorbeischaut, stellt er sich im Herz von TARDIS äußerst tollpatschig an und teleportiert die Truppe auf einen nur noch spärlich bewohnten Planeten. Dort bekriegen die Roboter-ähnlichen Daleks – die das britische Publikum schon in der Serie als Lieblingsunholde ausgemacht hatte – die friedlichen, wie David-Bowie-Jünger aussehenden Thals. Letztere glauben noch an das Gute und sehen ein, dass ihr Krieg mit den Daleks vor langer Zeit den Planeten fast zerstört hat. Die Daleks wiederum können im Gegensatz zu den Thals nicht in der verstrahlten Atmosphäre des Planeten überleben und residieren in einer abgeschotteten Stadt. Außerdem leben sie in fahrenden Blechzipfeln, die aussehen, als hätte ein Vorwerk-Produktdesigner schlecht geträumt. Es kommt zum Konflikt, zu Gefangenschaften, zu Fluchten und Einbrüchen, zu hoffnungsvollen Momenten und zu einem herrlichen, ziemlich fix abgehakten "Showdown", dessen Mann-gegen-Dalek-Zweikämpfe man eigentlich nur mit einem breiten Grinsen im Gesicht quittieren kann.
Das Kino-Abenteuer wurde in UK sehr gut besucht und landete am Jahresende auf Platz 20 der Box-Office-Erfolgsliste. Auf dem Cannes Festival 1965 sorgten außerdem ein paar ausgestellte Daleks für lustige Begegnungen. Das alles hieß jedoch nicht, dass der Film geliebt wurde: Viele Dr. Who-Fans störten sich an Cushings, nun ja, zurückgenommenen Spiel und fanden auch seine Enkelinnen eher eindimensional. Einige Teile des Films – das "Finale" zum Beispiel – wirkten hektisch hingerotzt. Andere Parts wiederum hätte man sich kürzer gewünscht: Die ewig-langen Erklärbär-Dialoge zwischen den Daleks zum Beispiel, die dabei knarzen, als hätte sich Darth Vader Corona und Lungenkrebs eingefangen.
Dr. Who im Kreise der Thals. © Studiocanal GmbH
Trotzdem musste ich feststellen: Dr. Who und die Daleks hat seine Reize – und die kommen in der neu restaurierten und synchronisierten Fassung noch besser zu Geltung. Das British Film Institute zog vor einigen Jahren das schon nettere Fazit, Dr. Who und die Daleks habe eine "wonderfully pulpy sci-fi atmosphere" – und das trifft die Sache sehr gut. Denn auch wenn die Darstellung der Charaktere eher nicht so in die Tiefe geht und die Daleks wirklich, wirklich, wirklich zu viel Knarz- bzw. Redezeit haben, ist dieser Film ein Fest fürs Auge. Zumindest für Menschen wie mich, die eine große Freude daran haben, zu sehen, wie man sich in den 60ern fremde Planeten, außerirdische Bösewichte oder Time-Lord-Zeitmaschinen vorstellte. Auch der im Film nicht namentlich genannte Planet, der Skaro heißt, kann mit einigen bildschönen Settings aufbieten, die in 4K wundervoll leuchten. Die apokalyptische Dschungellandschaft, die mechanische Kälte der Stadt, der Schleichweg hinein, durch Flüsse und über Schluchten, all das schaut man nur allzu gerne an. Die retrofuturistische Ästhetik kommt in einem sehr schönen Wechsel mit den bisweilen herrlich trashigen Dalek-Begegnungen und Kämpfen, die zwar einen gemischten aber irgendwie eher positiven Eindruck bei mir hinterlassen haben.
Die Daleks verteidigen ihre Stadt. © Studiocanal GmbH
Für mich war der Erstkontakt mit Dr. Who und die Daleks auf jeden Fall ein guter Einstieg in diese vergangene und zugleich zukünftige Welt – und ich freue mich schon jetzt, in den nächsten Tage Dr. Who: Die Invasion der Daleks auf der Erde 2150 n. Chr. zu schauen.