Wie lange noch bis zum Super Bowl? Diese Frage beschäftigt nicht nur jedes Jahr die Football-Fans in den USA. Die Warterei auf das große NFL-Finale spielt auch eine Rolle beim Ausbruch mehrerer Gefangener aus dem Hochsicherheitsknast Glades in Florida, einem der vielen Höhepunkte von Steven Soderberghs Genre-Trojaner Out of Sight. Der blendend aussehende Gentleman-Gangster Jack Foley (George Clooney), der selbst während eines Bankraubs noch mit der von ihm bedrohten Bankangestellten flirtet und niemals Gewalt anwendet, scheint zwar in den Coup verstrickt, jedoch eher als Maulwurf der Wärter denn als Helfer beim Tunnelbau. Aber wie so oft führt der notorisch clevere Hund alle an der Nase herum, außer seinen Kumpel Buddy (Ving Rhames) – und Bundespolizistin Karen Sisco (Jennifer Lopez). Während der Erstgenannte Foleys Abgezocktheit mit seiner Loyalität noch toppt, schlägt Siscos kühle Professionalität die Qualitäten beider Jungs um Längen. Zufällig parkt sie in der Nacht des Ausbruchs nur wenige Meter von der Stelle entfernt, an dem die Männer aus dem Tunnel krabbeln, während Buddy angespannt auf seinen Kumpel wartet. Geistesgegenwärtig zückt sie ihre Wumme. Und von dem Moment an, in dem Foley und Buddy sie als Geisel in den Kofferraum ihres Fluchtwagens packen und Foley sich dreist selbst mit hinein quetscht, ist der Charmebolzen geliefert.
Können diese Augen lügen? Ja, ziemlich gut sogar…
Die Jagd nach den entscheidenden Touchdowns der Saison gilt als eines der größten Einzelsportereignisse weltweit. Beinahe genau so gespannt wie das Super Bowl-Match wird die traditionelle Halbzeitshow erwartet. Für 2020 ist der Auftritt von Jennifer Lopez und Shakira angekündigt. Wenn man sich nun Out of Sight anschaut, möchte man J.Los Filmfigur zuflüstern, dass es noch 22 Jahre bis zum wahren Endspiel dauert, jenem, bei dem sie selbst auf der Bühne steht. Wer hätte das damals schon gedacht? Der auf einem Roman Elmore Leonards basierende Meta-Heist-Movie Out of Sight entstand 1998, ihr musikalisches Debüt „On the 6“ brachte es ein Jahr später auf 8 Millionen verkaufte Alben. Bis dahin war Lopez vor allem als Schauspielerin bekannt. Man kann im Nachhinein durchaus Parallelen zwischen ihr und Sisco ziehen, was die Zielstrebigkeit in der Karriere und die Treffsicherheit bei den Hits angeht. Der Unterschied: Wer sich in Out of Sight mit US-Marshal Sisco anlegt, muss davon ausgehen, diese Auseinandersetzung mit dem Leben zu bezahlen, die Musik von J.Lo kann man sich dagegen für Geld kaufen, wenn man denn möchte. Echte Liebe ist allerdings unbezahlbar – sowohl im wahren Leben als auch in Soderberghs elegant verwickeltem Highend-Thriller um ein paar mehr oder weniger gut versteckte Rohdiamanten. Dass so viele dumme Jungs von echten Gefühlen – und wie man mit ihnen haushält – keine Ahnung haben, bekommen die versammelten Ausbrecherkönige und Juwelendiebe deutlich zu spüren. Aber auch der smarte Foley muss sich seine Schäferstündchen mit Sisco hart erarbeiten. Nur wenn Mrs. Supercop bei seinen Gesetzesbrüchen nicht dabei ist, kann sie ein Auge zudrücken. Liebe ist schließlich kein Verbrechen – nicht mal die zu einem Verbrecher. Oder?
Kann man dieser Frau etwas vormachen? Sie können es ja mal versuchen…
Steven Soderbergh hatte sichtlich Vergnügen bei der anspielungsreichen Inszenierung – Sisco und Foley unterhalten sich während ihres Dates im Kofferraum über Filme und ahmen in der Liebesnacht die Sexszene aus Wenn die Gondeln Trauer tragen nach. Die grandiose Besetzung reicht zudem bis in skurrilste Nebenrollen. So spielt Michael Keaton einen megahohlen FBI-Typen und Samuel L. Jackson…ach, machen Sie sich einfach auf viele Wendungen und Überraschungen gefasst. Fest steht nur, dass Jennifer Lopez am 2. Februar 2020 beim Super Bowl auftreten wird – ausgerechnet in Florida, wo Sisco und Foley sich in Out of Sight das erste Mal über den Weg laufen. Dann natürlich mit einem Mikro statt einer Knarre in der Hand aber immer noch als Frau, die alle Männer locker in die Tasche steckt.
WF