Es scheint so, als wolle David Lynch mit einfachsten Mitteln zum Influencer werden, indem er auf Youtube Wetterfee spielt. Aber das kann doch nicht alles sein! Wobei es schon süchtig macht, ihm zuzuschauen, wie er jeden Tag gut ein Minütchen im Ton eines erfahrenen Filmemachers und, nun ja, Freizeitgurus, in die Kamera spricht, den Wochentag verkündet, die momentane Wetterlage vor der Tür in Los Angeles darlegt und von einem Song schwärmt, der ihm durch den Kopf ging als er am Morgen aufgewacht ist. Genial, nicht wahr?
Ja, man muss annehmen, dass mehr dahintersteckt. Wie bei seinen Filmen, nehmen Sie nur Meisterwerke á la Der Elefantenmensch, Eraserhead, Lost Highway, Twin Peaks – Der Film oder The Straight Story – Eine wahre Geschichte, die entweder durch ihre wundervolle Klarheit oder ihre tiefenpsychologischen Verrätselungen faszinieren. Könnte also in diesen seltsam anziehenden Videos zum Beispiel ein subtiler Bezug auf Bob Dylans berühmte Songzeile "You don’t need a weatherman to know which way the wind blows" stecken? Sind sie als politischer Kommentar gedacht?
Zugegeben, das riecht nach Überinterpretation. Und die spröde Einfachheit von Lynchs kurzen Wetter-Clips lässt uns hier auch eher zu der Erkenntnis kommen, dass er in Corona-Zeiten verstärkt seiner alten Leidenschaft der bloß scheinbar langweiligen Gewohnheiten frönt. Banale Tätigkeiten, die er der Öffentlichkeit schon zu mehreren Gelegenheiten gestanden hat. Wie stellt man sich den Tag des Genies David Lynch vor? Nun ja… sehen Sie selbst. Den künstlerischen Output Lynchs haben diese schlichten Freuden nachweislich inspiriert, also können wir uns ruhig eine Scheibe davon abschneiden.
Fangen wir einfach damit an, täglich seine Wetterberichte abzurufen, falls wir uns etwa im Home Office ein kurzes Päuschen gönnen wollen. Dann wissen wir, ob in Hollywood die Sonne scheint und ob David Lynch einen Bad Hair Day hat oder nicht. Es gibt schlechteres Entertainment.
WF