Vor 30 Jahren brachte sich Robert Altman, dessen Werk exemplarisch für die alternativen Produktionen des New Hollywood steht, noch mal einem größeren Publikum in Erinnerung. Mit dem epischen Episodenfilm Short Cuts schaffte er einen achtbaren Mainstream-Erfolg. Die Stars aus Hollywood selbst wiederum musste der 2006 verstorbene Altman nie lange zwicken. Für sie war er stets eine feste Größe – als Regisseur, der das Kino liebte und dessen Kunstform er beherrschte wie kaum ein anderer. So durften es alle, die in seinen Ensembles Rollen übernahmen, als Auszeichnung betrachten. Und da Altman stets ein geschickter Erzähler war, dessen Geschichten sich im regen Austausch vieler unterschiedlicher Charaktere in virtuos verbundenen Handlungssträngen entfalten, weshalb er sehr vielen Figuren Leben einhauchte, spielten in seinen Filmen auch zahllose große Stars mit.
Während Gosford Park aus dem Jahr 2001 rückblickend als so etwas wie die minutiösere und substanziellere Variante der später sehr erfolgreichen TV-Serie Downton Abbey erscheint, hat Altman mit Cookie’s Fortune auf New Hollywood-Art die Fernsehwelt von Gilmore Girls vorweggenommen.
Das war in den 1970er Jahren schon so – wie zum Beispiel im Fall der Western-Satire Buffalo Bill und die Indianer mit Paul Newman in der Hauptrolle – und da macht eines seiner weiteren filmischen Ausrufezeichen aus den 1990er Jahren keine Ausnahme. Das für ihn selbst so ereignisreiche 20. Jahrhundert ließ Altman mit einer wundervoll verschmitzten Provinzposse aus dem tiefen US-amerikanischen Süden ausklingen, dem 1999 entstandenen Cookie’s Fortune – Aufruhr in Holly Springs. Selbstverständlich mit einem hochkarätigen Cast, aus dem – passend zum in Bewegung geratenen Zeitgeist, dem sich auch Altman als eigensinniger Künstler eher vorausschauend annäherte als ihm ablehnend gegenüber zu stehen – die tragenden Frauenfiguren hervorstechen. Gespielt werden sie von Glenn Close, Julianne Moore, Liv Tyler und Patricia Neal. Man braucht kaum zu erwähnen, dass auch die übrigen Darsteller wie etwa Charles S. Dutton die Zuschauer*innen beeindruckten.
Altman schafft es wie üblich – in dieser subtilen Kritik an christlicher Bigotterie und fest verwurzeltem Rassismus bei einer gleichzeitigen Liebeserklärung an die Skurrilitäten des Landlebens – mittels leicht überzeichneter Schrullig– und Empfindlichkeiten ein akkurates Bild der Seele der gesellschaftlichen Verhältnisse im Publikum hervorzurufen. Die Krimihandlung ist ähnlich wie in Gosford Park die eine Sache. Aber was steckt hinter der Tatsache, dass Camille doch etwas überraschend den Freitod ihrer ziemlich exzentrischen Tante vertuscht? Und welche Rolle spielt ihre jüngere Schwester Cora in diesem Drama?
Glenn Close als Camille © Studiocanal
Ironischerweise arbeiten die beiden gerade gemeinsam an einer Theateraufführung von "Salome", wobei die labile Cora den Part der Oscar Wild-Version dieser Bibel-Prominenten unter der Regie der herrischen Camille übernimmt. Altman lässt uns mitdenken, mitfühlen und mitlachen in seinem Film-Film. Während Gosford Park aus dem Jahr 2001 rückblickend als so etwas wie die minutiösere und substanziellere Variante der später sehr erfolgreichen TV-Serie Downton Abbey erscheint, hat Altman mit Cookie’s Fortune auf New Hollywood-Art die Fernsehwelt von Gilmore Girls vorweggenommen. Dass eine Regie-Anweisung – eine aus dem wahren Leben, nicht eine für die Bühne –, das Schicksal der Schwestern hier in die gerechten Bahnen lenkt, darf man als ein Augenzwinkern des Filmemachers verstehen. Oder als Wink mit dem Zaunpfahl.
WF