Drei Freund:innen sollt ihr sein, wenn ihr euch eine Wohnung teilt – in einer entsprechend großen WG am besten sogar vier. Doch bei der Suche nach einem vierten Mitbewohner zeigen Juliet, David und Alex dem Publikum von Kleine Morde unter Freunden ebenso wie den Bewerbern ihre wahren und nicht allzu freundlichen Gesichter. Zumindest sind sie sehr anspruchsvoll bei der Vergabe des freien Platzes und beweisen viel schwarzen Humor – tätigen jedoch einen folgenschweren Griff ins Klo. Oder doch nicht? Der geheimnisvolle und literarisch ambitionierte Hugo liegt jedenfalls bald nach seinem Einzug tot im Bett. Allerdings hinterlässt er dem Trio überraschend auch einen hübschen Batzen Geld. Das wirft die Frage auf, was Juliet, David und Alex mit der ganzen Kohle machen sollen. Sie entscheiden sich für die illegale Variante, lassen Hugos Leichnam verschwinden und hoffen darauf, dass keiner nach dem Koffer voller Banknoten fragt. Das kann einfach nicht gutgehen, und schon bald haben sie nicht nur Besuch von einem wunderbar skurrilen Polizisten-Pärchen, sondern auch von zwei mörderischen Gesellen, die offenbar schon etwas länger auf der Suche nach der schwarzen Kasse sind.
Aber Buchhalter David entwickelt in der Verteidigung der Beute ungeahnte Gangster-Qualitäten, wodurch sich eine Dynamik entfaltet, in der jede/r der drei neureichen Wohnungsgenoss*innen sich selbst der beziehungsweise die nächste ist. Boyle inszeniert diese sich zuspitzende Auseinandersetzung mit viel Pop-Appeal (inklusive Leftfield-Score), nicht von ungefähr wird er kurz darauf mit Trainspotting einen weiteren bahnbrechenden Film des britischen Kinos der 1990er Jahre aus dem Ärmel schütteln, dessen eigene Ästhetik die Analogie zum gleichzeitig aufkommenden musikalischen Britpop nahelegt. Boyle schaffte auch mit späteren Werken in den Nullerjahren – wie 28 Days Later oder dem brillanten Slumdog Millionär – das Kunststück, TV- und andere Konsumgewohnheiten kritisch zu hinterfragen und gleichzeitig künstlerisch wertvoll aufzugreifen. Dabei ist Danny Boyle seiner Zeit stets auch einen flinken Schnitt und ein schillerndes Bild sowie einen coolen One-Liner voraus. Selbst die heute übliche und im Vergleich mit dem Entstehungsjahr 1994 dramatisch weiter verkürzte Aufmerksamkeitsspanne hat er mit Kleine Morde unter Freunden noch längst nicht ausgereizt. Auch wegen der vielen kleinen teuflischen Details und dem formidablen Cast – Ewan McGregor, Kerry Fox und Christopher Eccelston, die ja noch in ihren Kinderschuhen stecken und dabei schon ihr ganzes Talent enfalten! – schaut man sich diesen Krimi der hintersinnigen Extraklasse gern zwei Mal hintereinander an.
WF