Eigentlich war Sophie Marceau Anfang der 1980er Jahre auf der Suche nach einem Ferienjob, stattdessen bekam sie als Teenager die Hauptrolle im Film La Boum – Die Fete. Ein Traum wurde wahr. Aber es wäre untertrieben zu behaupten, dass sie fortan als Schauspielerin auf die Rolle der Vic festgelegt war. Der Riesenerfolg von La Boum hat das Leben Sophies, die aus bescheidenen Verhältnissen stammt, geprägt. Und auch wenn sie noch für die Fortsetzung La Boum 2 sowie in der nach einem ähnlichen Muster gestrickten weiteren Kooperation mit Regisseur Claude Pinoteau, Die Studentin, vor der Kamera stand, versuchte sie dem Image als Teenie-Komödien-Star früh zu entkommen. Marceau hat wirklich alles versucht – also eine andere zu werden und sich selbst zu finden beziehungsweise sich neu zu erfinden – und ist dem Weg der künstlerischen Selbstverwirklichung immer treu geblieben.
Ein Leben im Klammergriff von La Boum – Die Fete © Studiocanal
In den 1990er Jahren zog es Marceau nach Hollywood. Als "Sexsymbol", ein Rollenklischee unter gar nicht so vielen, die berühmten und für Big-Budget-Produktionen gebuchten weiblichen Schauspieler*innen dort vorbehalten ist, machte sie in Braveheart und nicht zuletzt als böse Elektra King in James Bond 007 – Die Welt ist nicht genug auf sich aufmerksam. Aber wie lange dauert es noch mal, bis keiner im Publikum mehr denkt: "Wow, das ist doch das niedliche Mädchen aus La Boum!"? Eine solche Vergangenheit streift man nie mehr ab, selbst wenn Marceau eine gewisse Genugtuung daraus gezogen haben mag, den Sprung in die USA geschafft und sich vom ewigen Bild des Teenies aus der fabelhaften Welt der Eighties emanzipiert zu haben – nicht zuletzt auch von Frankreich.
Dazwischen lagen nämlich filmische Eskapaden, die ihr das heimische Publikum zum Teil verübelte. 1986 spielte sie in dem Film mit dem vielsagenden Titel Abstieg zur Hölle die junge Ehefrau eines von Claude Brasseur gemimten Alkoholikers. Für einige Zuschauer*innen im doppelten Sinne irritierend, weil Brasseur in La Boum ja noch ihren Vater dargestellt hatte und die beiden hier plötzlich in recht freizügigen erotischen Szenen zu sehen waren. Das öffentliche Aufsehen war aber weniger einem Hang Sophie Marceaus zur Provokation als der bloßen Ausübung ihres Berufs als Schauspielerin geschuldet – dem sie stets ohne Scheuklappen nachging. Viele sahen in ihr weiter die kleine Vic, und Marceau wurde erst allmählich Marceau – unter anderem in den Filmen ihres späteren Lebensgefährten Andrzej Żuławski und an der Seite von anderen Stars wie Gerard Depardieu, Jean-Paul Belmondo und Catherine Deneuve. 1995 veröffentlichte sie das autobiografisch gefärbte Buch mit dem bekenntnishaften Titel "Die Lügnerin".
Sophie wurde zu Marianne. Eine Ikone als Ikone.
Doch je gereifter sie als Persönlichkeit erschien, die sich nicht um die Meinungen anderer schert, desto mehr schloss das französische Publikum seine Sophie wieder ins kollektive Herz. Ihre Karriereschritte verdeutlichen diesen Reife- und Annäherungsprozesse ganz gut. Vor 30 Jahren wurde Marceau als Nachwuchsschauspielerin am Theater ausgezeichnet, vor 20 Jahren debütierte sie als Regisseurin und vor zehn Jahren wurde sie als Vorbild der Büste des Nationalsymbols Frankreichs ausgewählt. Seitdem ist jene Marianne das Ebenbild Sophie Marceaus. Die Ikone als Ikone. Ein ewiges Leben als Symbolfigur ist sicher nicht immer einfach, aber damit hat Sophie ja inzwischen viel Erfahrung.
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WF