Unterschätzte Meisterwerke des Film Noir
Jacques Becker, der einst als Regieassistent von Jean Renoir seinen Einstieg ins Filmgeschäft fand, zählt heute, ebenso wie Renoir, zu den stilprägenden französischen Filmemachern der Nachkriegszeit, wenn auch nicht zu den berühmtesten oder spektakulärsten. Der unverkennbar dem poetischen Realismus nahestehende, für seinen puristischen Stil, aber auch seine Vielseitigkeit bekannte Regisseur schenkte dem französischen Kino jedoch trotz seiner relativ kurzen Schaffenszeit einige unvergessliche Filmklassiker.
Geboren 1906 in Paris, kam Jacques Becker erst vergleichsweise spät mit dem Film in Berührung: 1928 traf er als Angestellter einer Reederei in den USA auf King Vidor, der seine Begeisterung für Hollywood weckte. Becker strebte infolgedessen dort eine Karriere an, diese blieb ihm allerdings sein Leben lang verwehrt. Stattdessen kehrte er zurück in sein Heimatland Frankreich und wurde zunächst Regieassistent von Jean Renoir bei mehreren Projekten. Nachdem er als Teil eines Regisseurkollektivs an dem 1936 veröffentlichten Film Das Leben gehört uns mitgewirkt hatte, begann Becker 1939 mit den Dreharbeiten für seinem ersten eigenen Film L’or du Cristobal, wurde jedoch währenddessen für den Zweiten Weltkrieg eingezogen und sein Film 1940 von Jean Stelli vollendet. Erst 1942 erschien mit Der letzte Trumpf der erste Spielfilm unter Beckers alleiniger Regie.
In der Tradition seines Freundes und Mentors Jean Renoir, der seinerseits eine tragende Rolle in der Herausbildung des italienischen Neorealismus spielte, formte Jacques Becker vor allem in den 1950er und 60er Jahren den französischen Film Noir mit seinen klarsichtigen Milieustudien über die Pariser Unterwelt. Der 1952 entstandene Goldhelm mit Simone Signoret und Serge Reggiani als Paar zur Zeit der Belle Époque um 1900 wurde ein stilistisch herausragendes Meisterwerk, das von der Kritik vielfach für seine konsequent eingehaltene dramaturgische Struktur und die meisterhafte Charakterzeichnung gelobt wurde. Sein übernächster Film Wenn es Nacht wird in Paris (1954) mit Jean Gabin als alternder Gangster wird nicht selten als einer der besten französischen Kriminalfilme aller Zeiten gelistet.
Der letzte Film vor seinem frühen Tod, das im Hinblick auf die eingesetzten Stilmittel radikal reduzierte Kammerspiel Das Loch (1960), begleitete teils in Echtzeit eine überwiegend von Laien dargestellte Gruppe von Gefängnisinsassen bei ihrem Ausbruch und erhielt dadurch einen einzigartigen, dokumentarisch anmutenden Charakter. Da Jacques Becker noch während der Postproduktionsphase im Alter von nur 53 Jahren verstarb, übernahm sein Sohn und damaliger Assistent Jean Becker die Fertigstellung dieser großartigen, seinerzeit jedoch kaum gewürdigten Inszenierung.
Das Loch (fertig gestellt von Jean Becker) (1960)
Montparnasse 19 (1958)
Arsène Lupin, der Millionendieb (1957)
Ali Baba (1954)
Wenn es Nacht wird in Paris (1954)
Liebe im Kreise (1953)
Goldhelm (1952)
Edouard und Caroline (1951)
Jugend von heute (1949)
Antoine und Antoinette (1947)
Falbalas - Sein letztes Modell (1945)
Eine fatale Familie (1943)
Der letzte Trumpf (1942)