Es ist schwierig, der verzwickten Romanvorlage »Dune« des Science-Fiction-Autors Frank Herbert gerecht zu werden. Der chilenische Auteur Alejandro Jodorowski ist in Terry Gilliam-hafter Manier daran gescheitert, sein US-amerikanischer Kollege David Lynch hat zumindest seine eingefleischten Fans nicht enttäuscht. Doch bei einer derart kultisch verehrten Vorlage ist die Unzufriedenheit der Liebhaber*innen des Romans fast schon programmiert. Regisseur Denis Villeneuve hat zuletzt bewiesen, dass er aus einer kleinen aber mehr als feinen Geschichte einen großen und dabei doch ungewöhnlichen Film machen kann (»Arrival«). Und er weiß auch mit immensen Erwartungshaltungen umzugehen und sie in tiefschürfende Unterhaltung umzusetzen (»Blade Runner 2049«). Allein die Schatten, die Villeneuves »Dune«-Adaption vorauswirft, sind ein Highlight des Kinojahrs 2021 – in den Hauptrollen Stars wie Javier Bardem, Rebecca Ferguson und Oscar Isaac. Wir meinen: Raus aus der dystopischen Realität, rein in die phantastische Dystopie…!
Die schier unendlichen Möglichkeiten einer einzigen Schachpartie bringen die Synapsen der klügsten Köpfe zum Glühen. Jüngst hat diese schönste Freizeitbeschäftigung für ehrgeizige Stubenhocker*innen, die auch als schwer in unterhaltsame TV-Formate zu pressender Profisport eigenwilliger Superhirne bekannt ist, eine überraschende Form der Aufmerksamkeit erlebt. Ja, durch die Netflix-Serie »Das Damengambit« kann man gar von einem Popularitätsboom des königlichen Spiels sprechen, dessen prominentester (und spielerisch bester) realer Vertreter Magnus Carlsen auch nicht so ganz dem Vorurteil eines in sich gekehrten Nerds entspricht. Da kommt eine neuerliche Verfilmung von Stefan Zweigs berühmter »Schachnovelle« zur rechten Zeit, auch wenn sich der Zeitpunkt des Kinostarts wegen Corona immer mal wieder verschob. Zweigs Geschichte erschien 1941, geschrieben im brasilianischen Exil. Oliver Masucci spielt eine der Hauptrollen in Philipp Stölzls Verfilmung, in der es um nationalsozialistische Verbrechen und das Duell zweier ungleicher Gegner geht. Wie es wohl ausgeht?
Oliver Masucci als Dr. Josef Bartok © Studiocanal
Thomas Vinterberg hat mit seinem Film Das Fest einen Meilenstein der Filmgeschichte gesetzt. Der erste Spielfilm, der nach den Regeln des Dogma 95 gedreht wurde und in die Kinos kam. Leichte Kost ist von Vinterberg bis heute nicht zu erwarten. Ein frustrierter Gymnasiallehrer stößt auf die obskuren Thesen eines offensichtlich trinkfreudigen Philosophen, der propagiert bestenfalls stets 0,5 Promille Alkohol im Blut zu haben. Konstant. 24/7. Eine weltverbessernde Erklärung für kontrollierten Alkoholismus und die spannende Grundlage eines mal wieder soziologisch motivierten Drehbuchs und Films, den Vinterberg ursprünglich seiner Tochter anvertrauen wollte, die ebenfalls als Regisseur*in arbeitet. Den Lehrer, der seine Kollegen zum Mittrinken anspornt, spielt kein Geringerer als Mads Mikkelsen. Eine absolute Garantie dafür, dass der Pegel der schauspielerischen Leistung auf jeden Fall bis zum Schluss gehalten wird.
Auch eine Wiederaufführung gehört zu unseren Favoriten. Der Kultfaktor ist einfach zu hoch, um sie zu ignorieren. 1990 verfilmte Paul Verhoeven eine Story von Philip K. Dick, der acht Jahre zuvor kurz vor dem Kinostart des nach seiner Vorlage gedrehten Blade Runner Ridley Scotts verstarb, nicht ohne einige Jahre davor wiederum unter dem Einfluss bewusstseinserweiternder Drogen Gott begegnet zu sein. Geradezu göttlich wenn auch nicht unbedingt himmlisch sind auch viele der Ideen aus seinen Science-Fiction-Szenarios. In Total Recall wird der Bauarbeiter Douglas Quaid im Jahr 2084 von Träumen verfolgt, in denen er ein Leben auf dem Mars führt. Bei der Firma Rekall Inc. bucht er eine Reise dorthin. Als Quaid sich plötzlich in einer neues Identität wiederfindet, verfolgen ihn Killer statt Träume und seine Frau eröffnet ihm, eine Agentin des Mars-Diktators Cohaagen zu sein. Typisch für Philip K. Dick: Quaid kann niemandem mehr trauen, am wenigsten seiner eigenen Wahrnehmung, schließlich ist er nicht mehr er selbst. Verhoeven (»Robocop«) verfilmte die Geschichte mit Arnold Schwarzenegger in der Hauptrolle und schuf schon am Anfang des Jahrzehnts einen der Kultfilme der 1990er Jahre.
Äktschn, Arnie!!! © Studiocanal
Manchmal muss es eben Spielberg sein. Wenn wir uns die cinaeastische Impfkette gegen die pandemische Krise als eine Reihe von Menschen vorstellen, die den Popcorneimer von einem zum anderen reichen wie den berühmten Eimer Wasser bei der Löschung eines Brandes, dann kann am Ende dieser Kette eigentlich nur ein Film des wohl größten US-amerikanischen Unterhaltungsfilm-Regisseurs stehen. Schließlich hat Steven Spielberg neben einem breiten Publikum auch immer die eigene humanistische Message im Blick. Selbst wenn seine Filme mitunter den ein oder anderen emotionalen Moment zu viel beinhalten mögen – in diesen schwierigen Zeiten, in denen wir uns nach der speziellen Emotionalität des Kinos sehnen, dürfte seine Verfilmung der West Side Story gerade recht kommen. Das eigentliche Drehbuch schrieb immerhin William Shakespeare, und der legendäre Film – damals aus dem Stand zum ultimativen Kinoklassiker avanciert – mit Natalie Wood nach dem Musical Leonard Bernsteins feiert dieses Jahr 60jähriges Jubiläum. Ob Spielberg die zehn Oscars des Meisterwerks erreichen wird?
WF