Am 5. Februar 2021 feierte die Schauspielerin Charlotte Rampling beinahe schon still und heimlich ihren 75. Geburtstag. Nun sind die pandemischen Umstände, unter denen wir seit geraumer Zeit leben, wahrlich nicht dazu angetan, rauschende Partys zu geben und öffentlich damit hausieren zu gehen. Dennoch passt jede Form der Zurückhaltung, die man sich nur vorstellen kann, auf ebendiese Darstellerin, die neben ihrer unbestrittenen Schönheit auch durch subtile, psychologische Tiefe in vielen Hauptrollen zu überzeugen weiß, allerdings stets eine Spur unter dem Radar des breiten Publikums bleibt.
In "Swimming Pool" © Studiocanal
Eigentlich sollte es für ein/en Schauspieler*in ein Kompliment sein, wenn man ihn/sie eher mit den Figuren als mit der eigenen Person identifiziert. Wir meinen es jedenfalls genau so, und damit ist Charlotte Rampling für uns vielleicht so etwas wie das weibliche Pendant zu Gary Oldman. Sie hat sich ihren leisen Star-Status über viele Jahrzehnte hart erarbeitet, bevor sie 2003 für ihre herausragende Darbietung in François Ozons Swimming Pool mit dem Europäischen Filmpreis ausgezeichnet wurde und wohlverdient allein im Rampenlicht stand – als Lohn für eine Rolle, die wie geschaffen für Charlotte Rampling war. Die von ihr gespielte britische Krimi-Bestseller-Autorin Sarah Morton durchwandert eher eine persönliche Talsohle als eine Schaffenskrise. Die Geschichten um den bei ihren Leser*innen beliebten Inspektor Dorwell gehen Sarah weiter leicht von der Hand, aber trotzdem juckt es sie in den Fingern, mal einen anderen literarischen Ansatz zu wählen. So zieht es sie für eine Weile in die französische Urlaubsresidenz ihres Verlegers, wo nach ein paar Tagen auch dessen Tochter Julie auftaucht.
In "Angel Heart" © Studiocanal
Ludivine Sagnier mimt den Teenager, der die sexuellen Phantasien der wesentlich älteren Sarah Morton auszuleben scheint – oder geht es doch um Mordphantasien? Dieser fein inszenierte Mystery-Thriller hat erotische Momente, die nicht nur auf die Reize der jüngeren Julie oder der jener Kerle reduziert bleiben, mit denen diese herummacht. Auch Charlotte Rampling zeigt ihren Körper in der zweiten Filmhälfte, wodurch es François Ozon gelingt den Reifeprozess einer Persönlichkeit mit der Macht über die Inszenierung gleichzusetzen. Warum das alles wie für Charlotte Rampling gemacht – ihr sozusagen mit dem Drehbuch auf den Leib geschneidert worden zu sein scheint? Die aus England stammende Rampling hat selbst mehr als bloß eine französische Episode, Mitte der 1970er Jahre heiratete sie nämlich den Elektronik-Musiker Jean-Michel Jarre, nachdem sie bereits ihren Lebensmittelpunkt nach Südfrankreich verlegt hatte. Italien, Frankreich – das waren nun mal Länder, in denen Filme produziert wurden, die lukrative Rollen für sie abwarfen, während sie in den 1960er Jahren nach eigenem Bekunden in England noch vor allem als Püppchen, intrigantes Luder oder Mädchen, das dem männlichen Helden ohne eigenen Willen hinterherläuft, besetzt worden war. Wer sich für die Autobiografie Ramplings interessiert, dem seien die auf Französisch verfassten Memoiren "Qui je suis" empfohlen. Übersetzt: "Wer ich bin".
Was macht Charlotte Rampling heute, die auch im modernen Klassiker Angel Heart an der Seite von Mickey Rourke oder in der hochgelobten britischen Serie Broadchurch mitwirkte und dabei ihre außergewöhnlichen Fähigkeiten unter Beweis stellte? Zuletzt war sie im Kino in Denis Villeneuves Dune zu sehen, demnächst kann man sie in Paul Verhoevens neuem Schocker Benedetta bewundern. Und mal wieder davon überzeugen, dass ihre Blütezeit noch lange nicht vorüber ist.
WF