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Bild zu Daphne du Maurier: Zwischen Cornwall und Venedig

Daphne du Maurier: Zwischen Cornwall und Venedig

Nicolas Roegs moderner Klassiker Wenn die Gondeln Trauer tragen basiert auf einer Geschichte von Daphne du Maurier – ebenso wie Hitchcocks Rebecca und Die Vögel .

Persönliches 01. August 2019

Die Filme des jüngst verstorbenen Nicolas Roeg und die Literatur Daphne du Mauriers, die vor 30 Jahren aus dem Leben schied – sie haben etwas gemeinsam. Ihre Geschichten und Bilder bleiben im Gedächtnis. Als besonders hartnäckig erweist sich Roegs du Maurier-Verfilmung Wenn die Gondeln Trauer tragen. Haben Sie nicht auch schon mal eine Gänsehaut verspürt, als ihnen auf der Straße ein Mädchen in einem roten Regenmantel begegnet ist? Das Meisterwerk enthält neben bösen Assoziationen mit der Farbe Rot eine der meist diskutierten Sexszenen der Filmgeschichte. Aber das von Donald Sutherland und Julie Christie gespielte Ehepaar Baxter erlebt nicht nur diesen kurzzeitig versöhnlichen Höhepunkt. Es durchschreitet auch nicht einfach tiefe psychologische Täler, nein, es geht durch die Hölle. Nach dem Tod der Tochter im Teich, den John Baxter trotz einer Vorahnung nicht verhindern kann, wandeln die zwei fortan auf dem schmalen Grat zwischen Glauben und Aberglauben und balancieren gleichzeitig am Abgrund von Leben und Tod. Das schöne Venedig zeigt ihnen mehr als nur ein zweites Gesicht. Ein Filmerlebnis mit Folgen. Man kann es nicht abschütteln. Diverse Anspielungen auf den Klassiker von 1973 finden sich noch in Brügge… sehen und sterben?.

Irritierende Atmosphäre

Der Originaltitel des außergewöhnlichen Horrorfilms entstammt der zugrunde liegenden Erzählung "Don`t Look Now". Auch weitere Werke du Mauriers haben auf der Leinwand neue Berühmtheit erlangt. Alfred Hitchcock verfilmte 1940 den Roman "Rebecca", und sein bahnbrechender Thriller Die Vögel basiert ebenfalls auf einer Geschichte aus ihrer Feder. Zwar nahm sich Hitchcock gerade hier viele künstlerische Freiheiten heraus und entwickelte aus einer doch recht pointierten sowie gleichnishaften Dramaturgie seinen mit Spezialeffekten gespickten Actionfilm. Aber die psychologische Grundstimmung, eine durch und durch irritierende Atmosphäre, scheint Hitchcock selbst beim Überfliegen der Short Story in Fleisch und Blut übergegangen zu sein. Das Motiv der Attacke durch eine unvorhersehbare Naturgewalt und der Horror der Isolation vom Rest der Welt bleiben auch im bis heute faszinierenden Technicolor-Spektakel mit Tippi Hedren und Rod Taylor erhalten. Man darf also zurecht behaupten, dass die vielseitige und produktive Daphne du Maurier im Kino deutliche Spuren hinterlassen hat. Zuletzt verfilmte übrigens Notting Hill-Regisseur Roger Michell ihren Roman "Meine Cousine Rachel" – und arbeitete wie Nicolas Roeg einigermaßen werkgetreu.

John Baxter (Donald Sutherland) kann seine Tochter Christine nicht retten © STUDIOCANAL

John Baxter (Donald Sutherland) kann seine Tochter Christine nicht retten © STUDIOCANAL

Die Küste, an der Möwen und Krähen plötzlich durchdrehen, verlegte der Brite Hitchcock dagegen für seine Version von "Die Vögel" von der Insel in die USA. Warum? Rebecca war 23 Jahre zuvor sein erster Schritt nach Hollywood gewesen. Vielleicht ist er du Mauriers Stoffen – 1936 verfilmte er bereits ihren großen Erfolg "Jamaica Inn" als Riff-Piraten – über die Jahre treu geblieben, weil er diesen wichtigen Karrieresprung mit ihnen verband. Kleinere und größere Veränderungen der Handlungen erhielten dabei die "Freundschaft". Von du Maurier sind jedenfalls keine lauten Proteste gegen Hitchcocks inhaltliche Eingriffe bekannt, wie sie etwa ein Stephen King gegen die Interpretation seines Romans "Shining" durch Stanley Kubrick vorbrachte. Allerdings musste die Bestseller-Autorin ähnlich wie ihr Kollege King zeitlebens damit fertig werden, dass ihre Prosa von der Kritik nie als literarisch wertvoll eingestuft wurde. Weshalb sie unter den hochgelobte Kinofassungen des Meisters der Suspense durchaus insgeheim gelitten haben könnte. Allerdings plagten sie ganz andere Sorgen.

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Living in a box

Daphne du Maurier wurde 1907 in London geboren, lebte jedoch von ihrem 19. Lebensjahr bis zu ihrem Tod in Cornwall. Mit einer Mischung aus Reisebericht und Memoiren veranschaulichte sie in "Zauberhaftes Cornwall", wie sehr die Gegend am Meer sie und ihre Figuren geprägt hat. Aber die Tochter eines Schauspielers und Enkelin eines Schriftstellers, die nach behüteter Jugend das Feriendomizil der Eltern bezog, um dort endlich ihrer eigenen Kreativität freien Lauf zu lassen, lebte auch noch woanders – im übertragenen Sinne. Durch die Konventionen ihrer Zeit steckte sie in einer Haut fest, in der sie sich äußerst unwohl fühlte. Und so charakterisierte sie ihre Existenz in unvergessenen Worten als die eines "Jungen in einer Schachtel". Jene ungemütliche Box bot Daphne du Maurier offensichtlich nicht genug Raum, um darin ihre Zuneigung zu anderen Frauen und mithin ihre wahre Sexualität auszuleben. Doch war sie womöglich der Ursprung ihres künstlerischen Schaffens. Man muss nun mal damit rechnen, dass die Dinge nicht so sind wie sie scheinen – in den Geschichten Daphne du Mauriers und im wahren Leben, dem sie auf manchmal unheimliche Weise nahe kommen.

WF

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