Kaum ein Schauspieler oder Filmemacher hat die Rolle des Außenseiters derart kultiviert wie Dennis Hopper. In jungen Jahren war er befreundet mit James Dean, spielte Nebenrollen in den Klassikern …denn sie wissen nicht, was sie tun und Giganten. Hopper überlebte den Kumpel, der bekanntlich bei einem tragischen Verkehrsunfall starb, galt aber schon früh als schwieriger Charakter und schwer vermittelbar. Es heißt sogar, er habe auf einer Schwarzen Liste gestanden. Nicht wie einst die "Kommunisten" Hollywoods auf Grund ihrer vermeintlich staatszersetzenden Überzeugungen, sondern wegen seiner Unberechenbarkeit und seiner Rüpeleien am Set. Dabei wusste er immer genau, was er tat. Vielleicht steckte eine Spur professionelles Kalkül dahinter, der eigenen Persönlichkeit treu zu bleiben – also die passenden Rollen kommen zu lassen anstatt sich anzupassen und den Rollen hinterher zu laufen. Andererseits war Dennis Hopper einfach ein exzentrischer Typ, der keine Lust hatte, für irgendjemanden den Normalo zu spielen – weder im Leben noch im Film.
Als Journalist in "Apocalypse Now" © Studiocanal
Der Regisseur, mit dem er am besten klarkommen und der ihm den größten Erfolg bescheren sollte, war er selbst. Gemeinsam mit Terry Southern und Peter Fonda schrieb Hopper das Drehbuch zu Easy Rider, der es in Sachen Legendenstatus heute durchaus mit den James-Dean-Filmen aufnehmen kann. Hopper führte Regie, in einer der Hauptrollen als Billy gab er außerdem neben Fonda und Jack Nicholson einen beispielhaften männlichen Rebellen, wie er ihn sich vielleicht schon im Kinderzimmer vor dem Spiegel erträumt hatte. Einen Outlaw, der Kokain schmuggelt und mit seinen Kumpels und einer Harley voller Bargeld im Tank durch die USA düst – inklusive Besuch einer Hippie-Kommune und eines Drogentrips, der dich schon beim Zuschauen berauscht. "Ein Mann suchte Amerika, doch er konnte es nirgends mehr finden" hieß es 1969 auf den dazu gehörigen Filmplakaten, also in jenem Jahr, in dem die Hippie-Bewegung durch Altamont und Manson Family ihre Unschuld verlor. Die Rocker sterben im Film schließlich durch die Hand von Rednecks, denen ihr antispießiger Lifestyle zuwider ist. Das ist mehr als eine angedeutete Verortung der Biker, denen die Love&Peace-Ideologie näher ist als das rassistische Menschenbild der chauvinistischen Hinterwäldler.
In Wenders’ Highsmith-Adaption Der amerikanische Freund verkörpert Hopper den berühmten Tom Ripley
Der Song "Born To Be Wild" wurde zum musikalischen Ausdruck dieser Message – und zum Hit für die Ewigkeit. Eine der vielen inoffiziellen Hymnen der USA, den Protest- und Gegenkulturen gewidmet und bis heute eng mit dem Phänomen New Hollywood verknüpft. Aber Dennis Hopper war vor allem Individualist und somit kein Mann, der sich vor irgendeinen Karren spannen ließ. So bleibt er den Cineasten besonders durch seine Auftritte in Apocalypse Now von Francis Ford Coppola – dem Film schlechthin für egozentrische Manierismen vor der Kamera – oder als Frank Booth, Lachgas inhalierender Fiesling aus David Lynchs Blue Velvet im Gedächtnis. Wobei weder sein Mitwirken in vielen anderen etwas abseitigeren US-Klassikern noch seine Kooperationen mit deutschen Autorenfilmern wie Wim Wenders unterschlagen werden sollen. In Wenders’ Highsmith-Adaption Der amerikanische Freund verkörpert Hopper den berühmten Tom Ripley. True Romance, Basquiat, Waterworld, Speed, Boiling Point – die Liste von Hoppers furiosen Performances ließe sich endlos verlängern. Aber seine wahre Bestimmung fand er vermutlich als Fotograf und Maler. Die bildende Kunst belohnt eher jene Unangepasstheit, die Hopper stets vorlebte.
Heute am 17. Mai 2021 wäre der Mann, der geboren wurde, um Dennis Hopper zu sein, der Vater von vier Kindern, der fünf Mal verheiratet war und zahllose Exzesse überstand, bevor er 2010 in Los Angeles verstarb, 85 Jahre alt geworden. Amerika hat er vielleicht nie gefunden – aber dafür seinen persönlichen Frieden.
WF