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Bild zu Marjane Satrapis Paris Paradies im Kino: Feier des Lebens

Marjane Satrapis Paris Paradies im Kino: Feier des Lebens

Die vielfach ausgezeichnete iranisch-französische Autorin, Illustratorin und Regisseurin verarbeitet in ihrem neuen Episodenfilm auch eine persönliche Grenzerfahrung. Der Film mit Star-Ensemble startet am 8. August.

08. August 2024

Der Friedhofsdirektor hat sich bereits das Plätzchen reserviert, an dem er selbst bestattet werden möchte. Einem verdutzten Journalisten präsentiert er den Sarg, dessen luxuriöse Ausstattung an eine moderne Version der alten Pharaonengräber erinnert – allerdings mit recht pragmatischen Hintergedanken. So liegt dort auch ein Mobiltelefon bereit, falls es zum unwahrscheinlichen Fall einer Wiederauferstehung kommt, etwa weil der Direktor versehentlich lebendig verbuddelt wurde. Aber was heißt im Kino schon unwahrscheinlich?

Die Feier der Unwahrscheinlichkeiten ist zugleich eine Feier des Lebens jenseits der Leinwände und Kinosäle. Und Marjane Satrapi, die mit dem autobiografischen Comic-Buch Persepolis und dessen Filmadaption Weltruhm erlangte und die das Leben einer der großen wissenschaftlichen Pionierinnen mit Marie Curie – Elemente des Lebens auch als ein Stück feministischer Geschichte inszenierte, glaubt daran sowie an die Möglichkeiten, die eng mit den Unwahrscheinlichkeiten zusammenhängen.

Satrapi führt das Publikum in ihrem Ensemblefilm Paris Paradies vom Friedhof ins Kühlhaus, wo die angebliche Leiche der von Monica Belluci gespielten Opernsängerin Giovanna liegt. Der Moment, in dem diese ihre Augen doch wieder aufschlägt, ist zugleich der Beginn einer Lebenskrise, wie sie einem wohl (nicht) nur ein neues Leben beschert. Denn in den öffentlichen Nachrufen und Erinnerungen erkennt die vermeintlich Verstorbene eine Geringschätzung ihrer Person. Bitteres Fazit: nicht mal der Tod bescherte ihr den verdienten Ruhm. Als wäre das nicht schlimm genug, versagt ihr außerdem die Stimme.

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Marjane Satrapi verwebt Giovannas Schicksal mit einer Vielzahl anderer Geschichten, die uns außerdem den Ort der Handlung aus verschiedenen Perspektiven näher bringen. Paris hat eben eine Menge Facetten – und dies ist eine Liebeserklärung an sie alle. Satrapi selbst musste erst eine Grenzerfahrung machen, um sie zu verwirklichen:

"Ich habe die Idee über 10 Jahre lang mit mir herumgetragen. Dann durchlebte ich eine schreckliche Tortur und sah mich tatsächlich dem Tod gegenüber. Da dachte ich: 'Lasst uns das Leben leben, solange es noch Atem in unseren Lungen hat.' Und der Film wurde notwendig. Ich erkannte, dass es eine Haltung und vor allem ein feiger Ausweg ist, sich von Traurigkeit und Zynismus beherrschen zu lassen. Zum Leben braucht man Tapferkeit.

Es gab noch etwas Wichtiges an dem Projekt, und Monica Bellucci war diejenige, die mich darauf hingewiesen hat. Sie sagte: 'Paris Paradies ist ein politischer Film, weil die Leute sagen, dass wir in dieser Welt nicht zusammenleben können, und er behauptet, dass wir es können.'

Wenn man heutzutage von sozialer Vielfalt spricht, ist sofort von Religion die Rede, von Leuten, die aus den Außenbezirken von Paris kommen und alles kaputt machen und so weiter. Aber soziale Vielfalt bedeutet auch, dass sich verschiedene Klassen und Kulturen mischen. Über das weltoffene, internationale Paris wird kaum je gesprochen. Wenn man in Paris ein paar Minuten spazieren geht, hört man viele Sprachen! Die Stadt, in der wir leben, könnte nicht schöner und kosmopolitischer sein. Das muss gefeiert werden."

Nicht ganz unwahrscheinlich, dass noch ein paar mehr Leute so denken werden, wenn sie Marjane Satrapis Ode an die Vielfalt, Paris Paradies, gesehen haben.

WF

Dazu in unserem Magazin

Bild zu Event-Screening von Persepolis in 4K in Berlin am 9. Dezember

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Bild zu Persepolis: Geschichte unverschleiert

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