Es ist immer wieder eine große Freude, sich im Wildwuchs des unabhängigen Kinos Amerikas zu verlieren. Egal, ob auf den endlosen Highways, in den mysteriösen Kleinstädten, in den schillernden Nächten der großen Metropolen, in der abgerockten Peripherie, in den Geschichten amerikanischer Romane oder in den von Drogen und Genie befeuerten Köpfen großer Musiker*innen. Viele Regisseure und Regisseurinnen, die mit dem starken Willen, "independent" zu agieren und zu erzählen in ihre Karrieren starteten, gehören inzwischen längst zum offiziellen Kanon der Filmgeschichte. Ein guter Beweis, dass es nicht zwingend Millionenbudgets, elfköpfige Drehbuchautor*innen-Teams und Special-Effects-Gewitter braucht, um einen großartigen Film zu machen. Eher im Gegenteil: Manchmal braucht es eben "nur" ein verdammt gutes Drehbuch, charismatische Schauspieler*innen und als Kulisse all das, was dieser ja gar nicht mal so kleine Kontinent zu bieten hat.
Natürlich darf Jim Jarmusch in dieser Liste nicht fehlen – er könnte die Top 5 sogar locker alleine füllen. In Mystery Train verbringen wir in drei Episoden vierundzwanzig Stunden in Memphis, Tennessee im Hotel Arcade. Ein Zimmer belegen die japanischen Touristen Jun und Mitzuko, die auf den Spuren ihres Idols Elvis Presley wandeln. Im selben Hotel steigt auch die italienische Witwe Luisa ab. Sie muss sich ein Zimmer mit der unaufhörlich redenden Dee Dee teilen, die sich gerade von ihrem Freund Johnny getrennt hat. Und auch Johnny endet schließlich im Arcade: Sturzbetrunken wird er von seinen Freunden in einem verdreckten Zimmer untergebracht. Scheinbar unabhängig voneinander verbindet alle Geschichten eines – ein Schuss.
Gleiches gilt für die Coen Brothers: Ihre Filme zeigen in allen Budget-Klassen, dass eine gute Story, eigene Charaktere, pointierte Dialoge und vor allem ein Humor "knochentrocken" einen Film ausmachen sollten. Mit dem knallharten Thriller Blood Simple bewiesen die Coens gleich mit ihrem Debütfilm ihr geniales Händchen für böse, clever konstruierte Plots voll pechschwarzem Humor und räumten den Großen Preis der Jury beim Sundance Film Festival 1985 ab.
Die Filme von Kevin Smith mögen in Sachen Humor an einigen Stellen nicht ganz so gut gealtert sein – trotzdem gehören sie natürlich zu den Sternstunden des amerikanischen Indie-Kinos. Die nicht enden wollenden Nerdmonologe, die seltsamen Dudes, die Running Gags, die Stargäste wie Stan Lee – sie bildeten todsicher eine Grundlage für das, was Judd Apatow, Seth Rogen & Co. später erfolgreich weiterführen sollten. Ein paar Stunden mit den Mallrats im Einkaufszentrum abhängen – das sollte jeder und jede mal erlebt haben.
Mit The Wrestler begeisterte Aronofsky (Requiem for a Dream) die Festivalgänger von Venedig 2008 so nachhaltig, dass er den Goldenen Löwen erhielt. Das wuchtige Comeback von Mickey Rourke ist schon jetzt ein moderner Klassiker über Liebe, Einsamkeit und die Verlockungen der großen Bühne. The Wrestler ist zudem vielleicht Aronofskys zugänglichster Film, was dieser Geschichte mehr als gut steht.
Das einfühlsame, unsentimentale Regiedebüt von Ryan Fleck zeigt Ryan Gosling in einer seiner stärksten Rollen. Er spielt den beliebten Lehrer Dan Dunne, der tagsüber an einer Highschool in Brooklyn lehrt und von seiner Klasse verehrt wird – abends aber zusehends in Drogen flüchtet, um die Enttäuschungen in seinem Privatleben zu vergessen. Als ihn die 13-jährige Drey bei einem Crack-Trip auf der Toilette erwischt, verrät sie Dan zu seiner Überraschung nicht. Zwischen dem jungen Lehrer und seiner Schülerin entwickelt sich eine außergewöhnliche Freundschaft.
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