– Sag mal, hast du eigentlich Vorsätze fürs neue Jahr?
– Weniger Kaffee und Zigaretten …
– Echt? Guck mal Coffee and Cigarettes von Jim Jarmusch. Bei Kaffee und Zigaretten kommt man auf die besten Ideen.
– Ach, ich dachte davon bekommt nur man gelbe Finger und Herzrasen. Sagt meine Ärztin.
– Die geht zu selten ins Kino. Aber Vorsicht vor den schlechten Ideen. Die kommen ganz automatisch.
– Das musst du genauer erklären.
– Ist ein Episodenfilm. Und in jeder Episode wird über Nikotin und Koffein philosophiert. Da ist auch eine Menge heiße Luft dabei.
– Apropos. Kaffee?
– Also wenn du noch einen Espresso hast … Und dazu vielleicht ein Zigarettchen?
– Meine letzte Packung. Schwöre. Hier. Feuer?
– Danke.
Steven Wright und Roberto Benigni : "Strange To Meet You"
– Von wann ist der Film?
– Müsste jetzt so 20 Jahre her sein, dass der rauskam … 2003.
– Und wer spielt noch mal alles mit?
– Roberto Benigni, Cate Blanchett, Meg White, Jack White, Iggy Pop, Tom Waits, RZA, GZA, Joie Lee, Bill Murray. Und noch viele andere.
– Wow.
– Allein die erste Geschichte mit Steven Wright und Benigni. Der eine ist genervt vom anderen und erzählt von einem Zahnarzttermin, den er aber sausen lassen will. Da haut der andere ab, um den Termin selbst wahrzunehmen.
– Okay, das ist genial. Muss ich mir merken. Könnte nützlich sein, wenn ich mal wieder eine Klassenkameradin von früher im Café treffe. Oder einen alten Bekannten, der mich angräbt, obwohl er verheiratet ist und Kinder hat. Leute, die man zum Arzt schicken will, die aber glauben müssen, es wäre ihre eigene Idee. Träumchen.
– Und wenn du schneller träumen willst …
– … dann muss ich nur ganz viel Kaffee kurz vorm Einschlafen trinken?
Alfred Molina und Steve Coogan in "Cousins?"
– Ich sehe schon, du hast es kapiert. Selbst die Schnapsideen kommen hier gut an. Das ist der Vibe. Nimm die beiden, die so tun, als ob ihr Kaffee Champagner wäre. Gespielt von William Rice und Taylor Mead.
– Klingt prickelnd. Was gibt’s zu feiern?
– Na, das Leben.
– Ja, im Film ist das Leben immer spannend.
– Aber auch nicht immer einfach. Stell dir vor, du wärst ein Filmstar. Und du willst einen anderen Filmstar kennenlernen. Und der hat null Interesse.
– Was mache ich dann?
– Lad ihn auf einen Kaffee ein und telefonier laut mit deinem »Kumpel« Spike Jonze. Bämm! Schon staunt er Bauklötze. Alfred Molina und Steve Coogan spielen das total genial.
– Hach, ich hätte schon gerne einen Cousin, der Filmstar ist. Meiner arbeitet beim Finanzamt. Den könnte ich nicht mal beeindrucken, wenn ich laut mit Jim Jarmusch telefoniere. Mit Helene Fischer vielleicht. Welche Rolle spielt denn Iggy Pop? Schüttet er sich den heißen Kaffee über den nackten Oberkörper?
– Nee, der Kurzfilm mit Tom Waits und ihm ist zwar zehn Jahre älter als der Rest und hat 1993 die Goldenen Palme für den besten Kurzfilm gewonnen. Aber da war Iggy längst auf dem Fitness-Trip. Tom Waits verklickert ihm, dass er nebenher als Sanitäter arbeitet. Bisschen absurd. Und dann bekommen die beiden sich in die Haare. Man sollte einem anderen Musiker nicht ungefragt einen Schlagzeuger empfehlen.
– Du trommelst jedenfalls ganz schön für den Film. Kriege richtig Lust, den jetzt zu gucken. Ein Eimer Popcorn wäre nicht schlecht …
– Genau. Wollen wir vorher noch eine qualmen? Das Schöne an dem Gedanken, mit dem Rauchen aufzuhören, ist doch die Möglichkeit, sich dabei jederzeit eine Zigarette anstecken zu können. Ich glaube, Tom Waits sagt das …
– Den Spruch hänge ich mir übers Bett. Wenn man schon Ausreden sucht, dann am besten in der Filmgeschichte. Sag mal, Meg und Jack White, sind das nicht die White Stripes?
– Klar. Die Story ist mit den beiden ist auch stark. Sie unterhalten sich über eine Teslaspule. Jack hat sie selbst gebaut, bloß funktioniert sie nicht.
– Ich glaube, das wird mein neuer Dating-Spruch: "Darf ich dir meine Teslaspule zeigen?"
– Hihi. Aber mal wirklich: Bei Meg und Jack ist der künstlerische Funken übergesprungen so wie heute der Funke in jedem Stadion der Welt überspringt, wenn ihr "Seven Nation Army" läuft.
– "… and everybody knows about it. From the Queen of England to the hounds of hell. Na-na-na-na-na-na-naaaa"
– Den Song kann man nicht vergessen. Ich finde ja, Jim Jarmuschs Filme sind auch so Popsongs. Man vergisst sie nicht. Alles Hits.
Iggy Pop und Tom Waits in "Somewhere in California"
– Und RZA und GZA sind vom Wu-Tang Clan, oder?
– Genau. Sie sprechen darüber, dass sie sich besser fühlen, seit sie keinen Kaffee mehr trinken. So bringen sie Bill Murray dazu, ihn direkt aus der Kanne zu saufen.
– Haha. Was ist mit Cate Blanchett?
– Die spielt sich selbst und gleichzeitig ihre Cousine, die eifersüchtig ist auf ihren Erfolg. Ist doch ganz gut, dass wir keine Filmstars sind.
– Hollywood ist auch keine Lösung.
– Jarmusch macht da schon alles richtig mit seinem lässigen Kunstkino für die geneigte Familie, solange so coole Typen wie Isaach De Bankolé, Alex Descas und Vinny Vella dazugehören. Am besten gefällt mir übrigens die Episode mit Steve Buscemi.
– Was passiert da?
– Buscemi erzählt das Märchen vom bösen Elvis-Zwilling. Du weißt, Elvis‘ Zwilling ist bei der Geburt gestorben. Aber in Buscemis Story ist er für alles Schlechte verantwortlich, was man mit dem King in Verbindung bringen kann. Auch dass er seine Musik von afroamerikanischen Musikern geklaut hat. Die Twins, denen er das erzählt, sind selbst Afroamerikaner. Wie gesagt, man kommt auf gute und auf schlechte Ideen, wenn man bei Kaffee und Zigaretten zusammensitzt.
Meg und Jack White in "Jack Shows Meg His Tesla Coil"
– Weißt du was? Ich hätte da so eine Idee …
– Wir holen uns Popcorn und gucken den Film – jetzt sofort? Dann würde ich sagen: Zwei Cineast*innen und ein Gedanke.
– Yep. Und meiner Ärztin erzähle ich, dass ich tatsächlich mit dem Rauchen aufgehört habe. Nur meine böse Zwillingsschwester pafft ab und zu noch eine.
– Sie wird die Geschichte lieben. Eine gute Geschichte ist die beste Medizin.
WF