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5 Dinge, die man über Die Fotografin und Lee Miller wissen sollte

Das Biopic Die Fotografin über Lee Miller, mit Kate Winslet in der Hauptrolle, kann man nun auch im Heimkino schauen. Wir geben Ihnen deshalb noch einmal an die Hand, was man über den Film von Ellen Kuras und diese beeindruckende Frau namens Lee Miller wissen muss.

22. Januar 2025

1. Die Fotografin führt uns an der Seite von Lee Miller in die letzten Wochen des Zweiten Weltkriegs

Lee Miller war eine der wichtigsten Fotografinnen des letzten Jahrhunderts. Eigentlich startete sie bei der "Vogue" in New York als Modefotografin (und zuvor als Model), landete dann aber etwas später in London, wo sie mit ihrer großen Liebe – dem Kunsthändler Roland Penrose – lebte und damit begann, für die britische "Vogue" Szenen des Krieges zu fotografieren. Erst in London, das zu der Zeit regelmäßig von den Deutschen bombardiert wurde, später dann in Frankreich und Deutschland. Vom hart umkämpften Saint-Malo aus reiste Lee Miller in der Zeit von 1944 und 1945 durch das nach und nach befreite Frankreich bis nach Deutschland. Miller lieferte der "Vogue" nicht nur beeindruckende Fotos, sondern schrieb auch die Reportagen dazu. Der Film Die Fotografin mit Kate Winslet als Lee Miller stellt vor allem diese Reise in den Mittelpunkt und zeigt, wie einige ihrer bekanntesten Fotos entstanden sind.

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2. Lee Miller war viel mehr als "die Frau in Hitlers Badewanne"

Viele erkennen Lee Miller trotzdem wohl zuerst in der Rolle des Models – auf einem ikonischen Foto von ihrem Kollegen David E. Scherman, der im Film von Andy Samberg gespielt wird. Miller ist nämlich "die Frau in Hitlers Badewanne". So posierte sie am 30. April 1945 für Scherman in der Badewanne der Privatwohnung Hitlers in München. Ein in aller Schnelle wundervoll hintersinnig komponiertes, betont respektloses Foto, das vor allem eines ist: Ein riesiges "Fuck you!" an Hitler und sein mordendes Regime. Was man auf diesem Bild nämlich nicht sieht: Lee Miller hatte wenige Tage zuvor das Konzentrationslager Dachau besichtigt und Dinge gesehen, die ihr zeigten, wie Deutschland wirklich war. Hier entstanden jene Fotos, die bei Ausstellungen ihrer Bilder oft in einem separaten Raum mit einer Trigger-Warnung am Eingang gezeigt werden. Miller revanchierte sich bei Scherman und fotografierte auch ihn in der Wanne: Ihr jüdischer Kollege wäscht sich auf dem Bild den Staub des KZs Dachau aus den Haaren.

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3. Dass man Lee Millers Arbeit heute überhaupt kennt, ist ihrem Sohn und dessen Frau zu verdanken

Lee Millers Fotos wären beinahe gar nicht veröffentlicht worden. Miller kam schwer traumatisiert von den Kriegsreisen zurück, verbannte alle Fotos in einer entlegenen Ecke ihres Dachbodens und sprach zu Lebzeiten nie über das, was sie dort gesehen und erlebt hatte. Erst nach ihrem Tod fand die Frau von Millers einzigem Sohn Antony Penrose die Bilder und machte sie mit ihrem Mann der Öffentlichkeit zugänglich. Als wir kurz vor dem Kinostart mit Antony Penrose sprechen konnten (lesen Sie hier das gesamte Interview), erzählte er uns, wie wichtig es ihm ist, dass es nun den Film Die Fotografin gibt und Kate Winslet seine Mutter spielt. Penrose meint: "Dieser Film übertrifft meine größten Hoffnungen, weil er Lee Millers Persönlichkeit trifft und dabei auch ihre kulturellen Leistungen zeigt. Außerdem bin ich wirklich begeistert, dass Kate Winslet darin mitspielt. Es ist jetzt 47 Jahre her, dass meine Frau und ich all diese Fotos meiner Mutter auf dem Dachboden entdeckt haben. Seitdem haben wir nach und nach eine Art Verständnis für Lee Miller geschaffen, aber das hat sich überwiegend auf unsere Arbeit in Kunstkreisen beschränkt. Wir haben zwar Fotoausstellungen auf der ganzen Welt in wichtigen Museen gemacht. Die Fotos wurden in vielen Ländern veröffentlicht, aber so was erreicht trotzdem nur einen Bruchteil der Bevölkerung. Was jetzt passiert, ist, dass Kate diese Person Lee Miller für sehr viele Menschen interessant, verständlich und bedeutsam gemacht hat. Für mich ist das wirklich aufregend. Man muss kein Fotograf oder Künstler mehr sein, um mit Lees Arbeit etwas anfangen zu können, denn sie ist sehr zugänglich."

Ellen Kuras, Andy Samberg und Kate Winslet am Set © Sky UK Ltd / Kimberley French

Ellen Kuras, Andy Samberg und Kate Winslet am Set © Sky UK Ltd / Kimberley French

4. Auch Nicole Kidman und sogar Madonna wollten schon Lee Miller spielen

Dass Lee Millers Leben und Arbeiten filmreif ist, haben schon viele gemerkt – aber erst Kate Winslet konnte Penrose überzeugen. Dazu sagt er: "Wir hatten vorher schon mal zwei sehr spannende Drehbücher dabei. Nicole Kidman gab eines bei David Hare in Auftrag, der ja auch 'The Hours' geschrieben hat und das war wirklich sehr gut. Aber, wissen Sie: Es ging darin nicht um Lee. Es ging um diese heldenhafte Frau, die viele außergewöhnliche Dinge tut, und die dabei sehr glamourös ist und so weiter. Es wäre ein sehr guter Film geworden, aber nicht dieser. Ihm hätte die Wahrhaftigkeit gefehlt, Lees Persönlichkeit. Madonna wollte ebenfalls Lee spielen. Aber selbst, wenn man sich dann entschieden hat seine Zustimmung zu geben, kann halt noch so viel den Bach runter gehen. Die Finanzierung wackelt, das Timing geht nicht auf, solche Dinge. All das ist bei Kate Winslet nicht passiert. Sie hat das Projekt durch die größten Widrigkeiten hindurchgetragen. Sie ist sehr bescheiden, wenn es darum geht, darüber zu sprechen, aber ich weiß, wie schwierig es war, die Finanzierung für den Film aufzubringen. Nur weil sie ein so hohes Ansehen genießt, hat sie diese Besetzung bekommen. Und was für eine! 'Die Fotografin' war für Kate ein Projekt aus Leidenschaft. Es ist ein Werk der Liebe und das sieht man dem Film an. Dass der Film so gut ist, liegt aber vor allem an einer Tatsache: Es ist ein Film über eine Frau, der von Frauen gemacht wurde."

Kate Winslet wird zu Lee Miller. © Arthaus / Studiocanal

Kate Winslet wird zu Lee Miller. © Arthaus / Studiocanal

5. Als Deutsche*r sollte man Lee Millers Buch "Krieg" gelesen haben

In Zeiten, in denen ein recht großer Teil Deutschlands eine Partei wählt, die das Nazi-Regime als "Vogelschiss der Geschichte" sieht und neuerdings behauptet, Hitler sei ein Kommunist gewesen. In Zeiten, in denen die Bürger:innen eines der reichsten Länder der Welt ihre Verlustängste am liebsten in Aggressionen gegen die bedürftigsten der Gesellschaft kompensieren – Geflüchtete, Arbeitssuchende, Menschen aus schwierigen sozialen Umfeldern. In diesen Zeiten also, sollte man ruhig einmal lesen, wie Lee Miller Deutschland und die Deutschen kurz nach der "Befreiung" sah. Das geht zum Beispiel mit dem Band "Krieg – Reportagen und Fotos", der im btb-Verlag als Taschenbuch erschienen ist und ihre "Vogue"-Reportagen mitsamt Fotos enthält. Im Vogue-Artikel "Deutschland. Der Krieg ist gewonnen", schreibt Lee Miller 1945:

"Kleine Mädchen spazieren nach ihrer Erstkommunion in weißen Kleidern und Blumenkränzchen in der Hand herum. Die Kinder haben Stelzen, Murmeln, Kreisel und Reifen und spielen mit Puppen. Mütter nähen, putzen und backen, Bauern pflügen und eggen; alles wie bei richtigen Menschen. Aber das sind sie nicht. Sie sind der Feind. Dies ist Deutschland, und es ist Frühling.

Sie haben großes Glück gehabt. Der Krieg ist für sie gerade rechtzeitig vorbei, um die Schützengräben zuzuschütten und um die Bombenkrater umzupflügen, um zu säen und zu ernten und eine warme Sommerzeit zu ge-nießen. Die Franzosen und Belgier hatten nicht so viel Glück. Deren Ernte wurde vom Krieg vergiftet, und der Staub ihrer pulverisierten Dörfer wurde an Kampfstiefeln quer durch Frankreich bis an die deutsche Grenze getra-gen. Ich missgönne den Deutschen jeden Grashalm, jede Kirsche im Vorratsschrank ihrer sparsam geführten Haus-halte, jede Furche Acker und jedes unversehrte Dach.

Zu meiner ganz ausgezeichneten Baedeker-Führung [ein damals gängiger Reiseführer] durch Deutschland gehören auch viele Orte wie Buchenwald, die in meiner Ausgabe von 1913 noch nicht erwähnt wurden, und, falls es eine weitere Ausgabe geben sollte, bezweifle ich, dass sie Erwähnung finden werden.

Schließlich hat niemand in Deutschland jemals etwas von einem Konzentrationslager gehört, und ich vermute, dass dort auch niemand auf das Touristengeschäft besonders erpicht war. Besucher buchten jedenfalls ohne Ausnahme nur den Hinfahrtschein, und falls sie lange genug am Leben blieben, hatten sie reichlich Muße, die Sehenswürdigkeiten, sowohl historische als auch moderne, im Rahmen persönlicher und praktischer Erkundungen näher kennenzulernen."

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