So ganz sicher sind wir nicht, warum die von Audrey Tautou gespielte Französin Val Chipzik und auch fast alle anderen Charaktere in diesem wundersamen Film immer wieder mal mit deutschen Vokabeln hantieren, obwohl sie eigentlich alle Englisch sprechen sollten. Aber hey: Wir sind immerhin in der Welt des israelischen Autors und Regisseurs Amos Kollek – und der macht in Happy End schon früh klar, dass hier alle ein wenig anders ticken.
Val zum Beispiel, die mit einer resoluten Naivität nach New York kommt, die perfekt zu Tautou passt. Die spleenige junge Frau möchte unbedingt Schauspielerin werden, hat kein Geld und keine Wohnung, schläft eher zufällig im Vorgarten des Drehbuchautors Jack (der das gar nicht mag) und wirkt wie eine Kreuzung aus der fabelhaften Amélie (der zwei Jahre vor Happy End in die Kinos kam) und eine street-smarten Holly Golightly aus Frühstück bei Tiffany’s. Jack steckt in einer Mischung aus Burn-out, Midlife-Crisis und Schreibblockade. Er wird vom schönen Justin Theroux gespielt. Jack ist erst fürchterlich genervt von Val, findet in ihrem erratischen Verhalten aber die Inspiration, die er lange suchte.
Wer die Filme von Amos Kollek kennt – zum Beispiel Sue oder Fiona – weiß natürlich, dass er mitnichten der Mann für seichte Komödien ist und ein wortwörtliches Happy End bei ihm selten ist. Der linken Wochenzeitung Jungle Word sagte er mal: "Als ich Sue drehen wollte, versuchte ich, Geld für den Film zusammenzubekommen. Und es gab ein paar Leute, die sagten, sie seien möglicherweise an dem Film interessiert, wenn ich ein Happy Ending dafür hätte." Man darf den Titel von Happy End also durchaus mit einem Augenzwinkern lesen.
Trotzdem hat dieser Film viel Leichtigkeit. Vals Schauspiel-Übungen, Jacks Genervtheit, die Begegnungen mit charakteristischen New Yorker Figuren, wie dem schimpfenden italienisch-stämmigen Wirt, der sich über diese Immigrant*innen wie Val aufregt, die immer alles umsonst haben wollen, oder der Prostituierten, die Val fragt, ob sie "neu auf der Straße" sei – sie alle haben eine Wärme, die Kollek selbst bei seiner Ankunft in New York nicht vorgefunden hatte. Er sagt in der Jungle World: "Es hat mich sehr mitgenommen, als ich das erste Mal aus Israel nach New York kam. Denn wenn Sie in Israel in ein Apartment einziehen, kennen Sie innerhalb von zwei Stunden alle Ihre Nachbarn. In New York dagegen habe ich zu verschiedenen Gelegenheiten an vielen verschiedenen Orten gelebt, und ich kannte nie auch nur irgendjemanden im ganzen Gebäude. Selbst wenn ich dort zwei oder drei Jahre lang wohnte, kannte ich noch nicht einmal meine unmittelbaren Nachbarn." Man könne dort sterben, und es würde niemanden kümmern.
Val und Jack kümmern sich hier nach und nach aber umeinander. Auf ihre Weise. Val trifft immer wieder Jacks wunde Punkte – zum Beispiel sein wehleidiges Nachheulen, wenn es um seine Ex geht. "You limpy wimpy weirdo", nennt sie ihn einmal. Jack wiederum muss sich nach eingestehen, dass er Val irgendwie unterhaltsam und heilend findet. Die eigenen Dialoge, die an Jim Jarmusch erinnernde Unmittelbarkeit der Inszenierung und vor allem die beiden Hauptdarsteller:innen verhindern dabei zum Glück, dass wir nicht in eine klassische RomCom schlittern. Einmal sagt Val zu Jack: "You love me." Und er sagt: "That’s not true. I love my ex-wife." Woraufhin sie sagt: "Gut." Und ja, sie betont es auf Deutsch. "Because I can’t stand you. Fuck off!"
Happy End pendelt sich dabei irgendwo zwischen Komödie und Drama ein – bleibt im Herzen aber ein Feelgood-Film im Kollek-Style, auch wenn das ein wenig widersprüchlich klingen mag. Gerade deshalb sollte man ihn gesehen haben.
DK