Fangen wir mit einem brandneuen Film an: Das zärtliche, manchmal tragisch-komische Drama Einsam Zweisam von Cédric Klapisch fühlt sich nicht nur an wie ein Kurztrip nach Paris, sondern wie ein kompletter Umzug. Man muss sich also auch durch die Phasen der Großstadt-Einsamkeit kämpfen und sich mit einem kleinen Balkon mit Blick auf den Gare du Nord begnügen, anstatt in Montmarte in fancy Design-Hotels zu wohnen. Trotzdem fühlt man sich am Ende fast wie ein echter Pariser, weil man das echte Leben hinter der Postkartenkulisse gesehen hat.
La La Land ist natürlich eine Liebeserklärung an Los Angeles – und deshalb eine etwas verklärte Darstellung dieser aufregenden Stadt. Vermutlich nutzen selbst die L.A.-Bürger*innen den Film zur Weltflucht, wenn ihnen ihre Heimat mal wieder auf den Senkel geht. Oder wenn sie mal wieder im Stau stehen – und keiner tanzt. Die Drehorte des Musical-Films von Damien Chazelle sind allerdings auch in der Realität wunderschön. Der Song "City Of Stars" zum Beispiel wurde in der Nähe des Lighthouse Jazz-Cafés in Hermosa Beach gesungen und gedreht.
Viele Zigarren, wunderschöne verfallene Gebäude, Wellen, die direkt auf eine Strandterrasse krachen – und beseelte Musiker wie Ibrahim Ferrer, Compay Segundo, Omara Portuondo, Rubén González, Eliades Ochoa und Ry Cooder. Wim Wenders' Reise nach Kuba ist zwar auch und vor allem einer der bekanntesten Musikfilme der Welt, aber die Kamera-Streifzüge durch das Havanna der Endneunziger, verbunden mit dem Sound des Buena Vista Social Clubs, der ja eher in den 1950ern populär war, ergeben ein Reise-Erlebnis der besonderen Art.
Wer sich von Fellini Rom zeigen lässt, landet natürlich nicht nur in der italienischen Hauptstadt, sondern immer wieder auch in Fellinis Kopf mit all seinen Erinnerungen und Fantasien. Trotzdem ist Fellinis Roma aus dem Jahr 1972 auch heute noch eine hirnsprengende Städtereise, bei der manch einer schon bei der Anfahrt die Nerven verliert. Wie im richtigen Leben also. Und wer es in die Stadt schafft, der geht natürlich erst einmal zünftig essen, denn: "In Rom wird viel gegessen. Und Essen ist eine ernste Sache. Bei Nudeln, Lammbraten, Schnecken, Kalbskopf, bei Aal und gebackenem Hirn, finden sich alle wieder …"
Der französische Regisseur Cédric Klapisch ist ein Meister des Feelgood-Kinos mit Tiefgang. Mit L’ Auberge espagnole – Barcelona für ein Jahr hat er den Esprit der Erasmus-Generation in einem flirrenden Ensemble-Film in einer immer lebendiger werdenden Umgebung eingefangen. Man fühlt sich gut unterhalten, auch wenn echte Probleme nicht zu kurz kommen. Barcelona wird einem als Melting Pot sympathisch, in den man im Leben mindestens einmal selbst eingetaucht sein sollte. Wagen Sie mit Klapisch und der wundervollen WG zumindest den ersten Schritt…Danach werden Sie sich nach einem Wiedersehen in St. Petersburg, Beziehungsweise New York sehnen. So die Titel der Fortsetzungen.
Im Rückblick ist Der Himmel über Berlin zu einem historisch spannenden Zeitpunkt entstanden. Zwei Jahre vor der Maueröffnung dokumentiert ausgerechnet ein Fantasy-Drama den Vibe in der geteilten Stadt. Legendär ist die Suche nach dem verloren gegangenen Potsdamer Platz, der sich bis heute nicht wiedergefunden hat. Aber neben der ergreifenden Geschichte um Engel, die Menschen sein wollen und Menschen, die keine Engel sind, gibt es jede Menge wahres Berlin zu entdecken. Vielleicht sind Sie ja schon mal in echt einem Engel begegnet. Aber Sie sind noch nicht wirklich in Berlin gewesen, bevor Sie Wenders’ Meisterwerk gesehen haben.
In den Filmen von Wim Wenders sind die Kulissen mitunter die wahren Hauptdarsteller. Lisbon Story ist eine Art späte Fortsetzung seines Anfang der 1980er-Jahre entstandenen Der Stand der Dinge, in dem die Problematik einer Indie-Filmproduktion thematisiert wird. Die Crew steckt an der portugiesischen Küste fest, das Budget ist in Hollywood versickert. Nun begibt sich viele Jahre später der Tontechniker auf die Suche nach dem Regisseur, der mittlerweile in Lissabon lebt – Bilder und Töne und die verschiedenen Perspektiven der Männer ergeben nach und nach ein Porträt der Stadt, bevor es zur persönlichen Begegnung kommt. Und natürlich spielt auch der Sound der Band Madredeus eine große Rolle.
WF DK