Goldhelm von Jacques Becker hat alles, was einen großartigen Film ausmacht. Da wäre eine nachvollziehbare Liebesgeschichte, deren absehbar unglückliches Ende die kurzen Augenblicke der Erfüllung umso kostbarer machen – auch für das Publikum. Außerdem beschreibt der Krimi die französische Gesellschaft seiner Zeit um die vorletzte Jahrhundertwende mittels einer doch sehr einfachen Handlung bis ins Detail. Die Machtansprüche der Männer, die untergeordnete Rolle der Frauen, die Chuzpe der Verbrecher und die Korruption der Staatsgewalt treten ebenso zum Vorschein wie die so aufrichtige wie hoffnungslose Ambition eines Zimmermanns, der für seine große Liebe einen Mord begeht und letztlich einer Intrige zum Opfer fällt.
Auch in den Hinterhöfen und dunklen Gassen der Großstadt Paris um 1900 werden noch Duelle ausgetragen, wenn es um die Ehre geht. Grund sind meist Besitzansprüche. Der Tischler Manda kann es sich nicht "leisten", die wegen ihrer Haarpracht Goldhelm gerufene Marie zu "erwerben", also muss er sie sich mit dem Messer verdienen. Jedoch ahnt er nicht, dass Bandenchef Felix Léca den Kampf mit Mandas Kontrahenten Roland eingefädelt hat, um schließlich beide Widersacher loszuwerden und Marie selbst für sich zu haben. Regisseur Becker erzählt diese Story mit außerordentlicher Finesse. Nie hat man das Gefühl, eine Moralstück zu sehen, stets fiebert man mit den Liebenden, die nicht nur in einer patriarchalen Klassengesellschaft sondern auch in einem spannenden Thriller gefangen sind. Noch 70 Jahre nach dem Kinostart beeindrucken die Hauptdarsteller*innen Simone Signoret und Serge Reggiani. Dazu gibt es interessante Nebenfiguren mit ins Gesicht geschiebenen Charakteren – wie in jedem guten Mafiafilm. Die Belle Époque, so lernen wir auf unterhaltsame Weise, war ein wahrhaftiger Moloch.
WF