Kaum ein anderer Film in der Geschichte des Kinos setzt derart auf die Bilder, die von bestimmten Kulissen im Zusammenspiel mit ausgesuchten Requisiten geprägt werden und sich im Gedächtnis des Publikums festsetzen, wobei sie ein gewisses Fernweh auszulösen, wie Bis ans Ende der Welt von Wim Wenders.
Schlussendlich entpuppt sich diese Sehnsucht darin als Sehnsucht nach der Zukunft, die in den Randgebieten unserer möglichen Erfahrung aufscheint. Dieser schier unmögliche Roadtrip, den Wenders nach vielen Jahren der Vorbereitung tatsächlich doch noch möglich machte, und der im Dirctor's Cut eine Laufzeit von etwa 279 Minuten umfasst, führt uns in eben diese nur mit viel Phantasie vorstellbaren Randgebiete.
Wenders' "ultimativer Roadmovie", wie man ihn einst beim Kinostart anpries, der auf vier Kontinenten, in neun Ländern und sogar im Weltall gedreht wurde (um die Welt zu verstehen, scheinen uns die Bilder aus der Vogelperspektive zu sagen, muss man sowohl tief in die Welt und ihre Einzelheiten eintauchen als auch mal Abstand von ihr nehmen und sie aus der Distanz betrachten) spielt im Jahr 1999, wurde aber bereits 1991 fertiggestellt. Die letzte Dekade des ausgehenden 20. Jahrhunderts bildete also den Rahmen des Zukunftsszenarios, das im Film umrissen wird: mit utopischen Gadgets, die an heutige Alltagsgegenstände erinnern und futuristischen Accessoires, die inzwischen längst von realen Moden ein- und wieder überholt wurden.
"Das Heute erledigt sich von selbst, aber wir müssen uns in unseren Träumen ein Bild von der Zukunft machen!" sagt Hauptdarstellerin Solveig Dommartin an einer Stelle der Geschichte, in der unter anderem ein Bildersammler nach visuellen Eindrücken für seine blinde Frau sucht. Die Suche nach Bildern für die Zukunft – in Bis ans Ende der Welt hat Wim Wenders sie filmisch zur Vollendung gebracht.
Was bleibt, ist die Hoffnung auf ein besseres Leben. Auf dem Weg dahin kann man sich wie bei einer Autorfahrt die Zeit auch spielerisch vertreiben … mit einer Runde "Ich sehe was, was du nicht siehst". Zugegeben, unsere Version ist etwa meta …
WF