Vor 55 Jahren spielte Margarethe von Trotta ihre erste Hauptrolle in dem Spielfilm Tränen trocknet der Wind, bald darauf war sie in Volker Schlöndorffs Baal zu sehen, auch an der Seite Rainer Werner Fassbinders, für dessen Götter der Pest und Warnung von einer heiligen Nutte sie wiederum vor der Kamera stand. 1972 übernahm von Trotta neben einer Rolle auch die Regie-Assistenz bei Schlöndorffs Die Moral der Ruth Halbfass. 1975 dann das eigene Regie-Debüt in Zusammenarbeit mit Schlöndorff. Die verlorene Ehre der Katharina Blum erzählt eine noch heute aktuelle Geschichten über die Funktionsweise jener Medien, die Inhalte mit Schlagzeilen und Polemik mit Aufklärung verwechseln.
Happy Birthday, Margarethe von Trotta! © Studiocanal
Der Werdegang war damals keine Selbstverständlichkeit, ebensowenig wie Frauen hinter der Kamera, und es ist sicher keine Übertreibung, wenn man Margarethe von Trotta jetzt nicht nur eine Vorreiterin sondern auch eine Vorkämpferin der Emanzipation im Kulturbetrieb nennt. Weshalb sie öfter mal die erste war. 1981 gewann sie zum Beispiel mit Die bleierne Zeit als erste Frau den Goldenen Löwen in Venedig, 2019 wurde sie als erste weibliche Regisseurin mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet. In Die bleierne Zeit , Rosa Luxemburg, Heller Wahn, Das zweite Erwachen der Christa Klages oder Schwestern oder Die Balance des Glücks , die jetzt in der ARTHAUS-Edition Margarethe von Trotta – Die frühen Filme erhältlich sind, griff sie einerseits politische Themen auf, andererseits lässt sich ihre gesamte Arbeit als politische Handlung verstehen.
"Frauenfilm – das war ein Kampfbegriff"
Die genannten Filme waren Teil einer Bewegung, und zwar des Frauenfilms, dessen Wichtigkeit sie in einem Gespräch anlässlich der Filmpreis-Verleihung vor drei Jahren betonte: "Ende der 1970er Jahre gab es eine Gruppe von Frauen – die ich in meiner Dankesrede beim Deutschen Filmpreis erwähnt habe, die Frauenfilm als Bezeichnung für Filme von Frauen, nicht über Frauen verwendete. Das war ein Kampfbegriff. Ula Stöckl, Helma Sanders-Brahms, Helke Sander, Janine Meerapfel, Jutta Brückner, Dagmar Hirtz und einige andere sagten: ›Wir sind Frauen und wir machen Filme – und wir wollen dieselben Mittel haben wie unsere männlichen Kollegen.‹ 1978 bekamen Helke Sander und ich viel Aufmerksamkeit auf der Berlinale. Auf einmal hieß es: ›Wir müssen die Frauen unterstützen‹. Das hat sich aber nur zwei Jahre gehalten, dann kam der Backlash. Als ich von meinem Preis erfuhr, war mein erster Gedanke: ›Ach, jetzt nach #metoo brauchen sie mal eine Frau.‹"
Wir verneigen uns vor so viel kämpferischem Mut über so viele Jahre hinweg und so viel künstlerische Schaffenskraft bis in die jüngste Vergangenheit hinein – und gratulieren ganz herzlich zum 80. Geburtstag.
WF